(German) Rückblick: Chinesisches Schach mit der Sprach- und Kulturbörse bei der Langen Nacht der Wissenschaften 2014
Worum geht es?
Am Samstag den 10.05.2014 habe ich mit/für die Sprach- und Kulturbörse der TU Berlin im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften im ersten Stock des Foyers im Hauptgebäude der TU Berlin interessierten Besuchern Chinesisches Schach erklärt und im Spiel ausprobieren lassen.
Informelle Sicht
Mitgebracht hatte ich: zwei Spiele mit hybriden Spielsteinen (chinesisch und westlich), eine Ausgabe von H. T. Laus Buch "Chinese Chess" auf Englisch, eine englisch- deutsche Anleitung von Philos-Spiele, eine deutsche Broschüre von Rainer Schmidt, die neben den Regeln auch spannende Hintergrundinformationen liefert. Interesse zeigte vor allem jüngeres Publikum: jünger, als ich erwartet hatte. Ein neunjähriger Junge, der seit kurzem westliches Schach im Verein spielt, bot bereis in seiner ersten Partie spannende Züge an. Ähnliches später auch mit einem zwölfjährigen Spieler. Schwierigkeiten, die Regeln zu verstehen, hatte generell keiner der Besucher. Eine wiederkehrende Frage war, wie die Figuren denn (generell) schlagen würden. Bedarf an Gewöhnung zeigten im Spiel nicht unerwartet die Natur der Kanone, die Blockade des Pferdes sowie der Wunsch nach Seitwärtsgehen mit Bauern bereits vor Überquerung des Flusses. Partien mit jüngeren Spielern wurden interessanterweise nicht abgebrochen, weil das Spiel sich in einer demotivierenden Verknotung verfangen hätte, sondern weil Eltern andere Pläne hatten. Partien zu Ende gespielt wurden im Allgemeinen kaum: Abgebrochen wurde meist aus Zeitmangel auf Seiten des Besuchers. Präferenz des westlichen Schaches äußerten nur ein Spieler, der ein Spiel gewagt hatte, und ein Besucher, der an Details gar nicht interessiert gewesen war (...). Zuweilen wäre mehr als ein "Lehrer" am Stand praktisch gewesen. Da ich nicht wusste, welcher Andrang mich erwarten würde, hatte ich mich im Vorfeld nicht nach Unterstützung umgesehen. Mein über die Zeit variierter Ansatz zum Erklären lässt sich als Skript zusammenfassen als:
- Vogelperspektive: manche Dinge sind genau gleich wie im westlichen Schach, manche ähnlich, manche komplett anders
- Genau gleich ist, dass es darum geht, den König "schachmatt" zu setzen, und, wie die Türme sich verhalten
- Dann Erklärung der Figuren auf der Grundlinie von außen nach innen (bereits begonnen mit dem Turm): Pferd, Elefant (erste Erwähnung Fluss, gegebenenfalls gegenseitige Deckung der Elefanten zum Schutz des Königs als Klassiker in der Defensive)
- Erklärung des Königs und seiner Leibwächter, ihre Bewegung als Komplementär und nur auf gezeichneten Linien, Erwähnung Platzmangel und Bindung an den Palast
- Verweis für die Übrigen — Elefant, Pferd, Turm — auf die andere, bereist erklärte Seite (Symmetrie)
- Vorschau, dass nur noch die Bauern, die Kanonen und eine Sonderregel mit dem König fehlen
- Erklärung der Bauern (zweite Erwähnung Fluss), Kanonen, Todesblick beim König mit zwei Beispielen
- Gegebenenfalls das Szenario der "Doppelkanone", die gängigste Eröffnung inklusive Antwort (zentrale Kanone, Antwort mit Pferd)
Außerdem:
- Unterschiede zum westlichen Schach bei Remi und Patt vor Beginn einer ersten Partie meist außen vor gelassen
- Bildliche Erklärung für "die Elefanten dürfen nicht über den Fluss" (mögen kein Wasser, können nicht schwimmen (gegebenenfalls mit Hinweis, dass das Unsinn ist), ...) und die Beförderung der Bauern (sind dann gewaschen, haben ihre Rüstung abgelegt und sind dadurch agiler, ...) mit Augenzwinkern ohne Fokus auf Richtigkeit, um das Einprägen der Regel zu fördern
Persönliche Sicht
Das Erklären des Spieles hat Spaß gemacht, die Besucher waren durchweg angenehm. Beeindruckend fand ich, wie schnell gerade die jüngeren Besucher das Spiel beherrschten. Eine Frau mit zwei Kindern, die selbst an Details interessiert war, beantwortete meine Frage nach ihrem Beruf mit "Beraterin", meine Nachfrage nach der Art von Beraterin aber mit "das darf ich nicht sagen". Das habe ich so auch noch nicht erlebt und wunderte mich reichlich. Vielleicht ist besser, wenn ich es nicht genauer weiß :) Kurz vor Schluss kamen noch drei junge Studentinnen vorbei, die Chemie beziehungsweise Physik studierten, vielfältig interessiert und relativ nerdig unterwegs waren und untereinander ihre erste Partie bis zum Ende spielten. Aus Zeitgründen wechselten wir zum Endspiel auf "20 Sekunden Zeit pro Zug", was das Spiel schlagartig noch deutlich spannender und spaßiger machte. Ohne diese Gesellschaft wäre ich wohl nicht bis 1:20 geblieben, was mit geplantem Aufstehen um 8:00 am nächsten Tag alles andere als früh war. Beim SKB, besonders bei Ioanna, möchte ich für die liebe Betreuung und die Versorgung mit Essen und Trinken bedanken!